Der demokratische Prozess wird verunmöglicht
In Oberlunkhofen wurde, wie auch in anderen Gemeinden, die Winter-Gemeindeversammlung wegen der Corona-Pandemie abgesagt.
Als dieser Entscheid publiziert wurde, konnten wir das alle nachvollziehen. Mittlerweile sind die Unterlagen der Gemeinde für die alternativ vorgesehene Urnenabstimmung vom 29. November 2020 eingetroffen. Mit Schrecken haben wir festgestellt, dass der Gemeinderat eine Senkung des Steuerfusses vorsieht, obwohl dies die finanzielle Situation in keiner Weise zulässt. Dies haben uns ausgewiesene Fachleute bestätigt.
So weist die Erfolgsrechnung der Einwohnergemeinde einen grossen operativen Verlust von rund 580’000 Fr. aus. Auch mit Griff in die Reserven resultiert immer noch ein Finanzierungsfehlbetrag von rund 130’000.-. Und dies auch nur, weil die Gemeinde kaum investiert. Schaut man in den Finanzplan der nächsten Jahre, wird die Lage nicht besser. Da auch in den Folgejahren jeweils mit einem negativen Ergebnis gerechnet wird, wird aus dem heutigen Nettovermögen in wenigen Jahren eine Nettoschuld. Dies ist auch auf die Steuerfusssenkungen der letzten Jahre zurückzuführen.
Eine Steuerfusssenkung von 76% auf 74% ist aufgrund der vorliegenden Zahlen absolut nicht nachvollziehbar. Wir gehören schon jetzt zu den sechs steuergünstigsten Gemeinden im Kanton Aargau. Zudem befinden wir uns in der schwersten Krise seit Jahrzehnten, welche mit Sicherheit in den nächsten Jahren zu weniger Steuereinnahmen und auch höheren Ausgaben im Sozialbereich führen wird.
Natürlich hätten wir an einer Gemeindeversammlung von unserem Recht Gebrauch gemacht und einerseits Fragen zum Budget gestellt und andererseits einen Antrag gestellt, den Steuerfuss unverändert zu lassen. Da nun die Gemeindeversammlung eben nicht stattfindet, kann an der Urne nur ja oder nein zum Budget 2021 gestimmt werden. Das bedeutet, es kann kein Antrag auf einen gleich bleibenden Steuerfuss gestellt werden. Das ist eine unschöne Situation und man fühlt sich als Stimmbürger ohnmächtig. Der Vorstand des fwo hat die Handlungsoptionen diskutiert und beschlossen, dass man die Situation nicht einfach hin nimmt sondern mit einem Flyer darauf aufmerksam macht. Dies ganz nach dem Motto des überparteilichen Vereins frischer wind oberlunkhofen: “wir setzen uns ein für ein lebenswertes und zukunftsgerichtetes Oberlunkhofen”.
Obwohl die Chancen für ein nein an der Urne klein ist, haben wir den grossen Aufwand nicht gescheut und innert Tagen den Flyer auf die Beine gestellt. Wir hätten eigentlich das Budget gerne angenommen, denn eine Gemeinde ohne Budget ist in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Aber in der jetzigen Situation bleibt uns nichts übrig, als das Budget abzulehnen.
Es beschäftigen uns auch noch andere Fragen. Ohne Gemeindeversammlung erhalten wir wieder keine Orientierung in Sachen Andermattareal. Vor 6 Jahren informierte das Fachgremium und der Gemeinderat die interessierte Bevölkerung über die Testplanung 2012–2014. Dort wurden auch Modelle der künftigen Überbauung präsentiert. Seither warten wir auf dieses für Oberlunkhofen sehr wichtige Dorfentwicklungsprojekt. Ausser dass es uns bis jetzt viel Geld gekostet hat, wissen wir nicht, welchen Fortschritt das Projekt hat. Auch hätten wir gerne Informationen über den Stand der neuen Entsorgungsstelle und des Turnhallenprojekts.
In der Corona-Zeit verstehen wir die Absage der Gemeindeversammlung. Trotzdem wäre es angebracht, dass der Gemeinderat die Bevölkerung schriftlich informiert über den Stand dieser Vorhaben. Dies umso mehr, als bereits die letzte Gemeindeversammlung und auch anfangs Jahr eine Infoveranstaltung zum Land Andermattareal seitens Gemeinderat kurzfristig abgesagt wurde.
Doris Peier und Yvonne Kaufmann